Reden ist silber zuhören ist gold.

Zuhören kann doch jeder. Wirklich?

Wann hast du jemandem das letzte Mal wirklich zugehört? Nicht schon überlegt, was du antworten möchtest oder an deiner Todo-Liste für morgen herum gedacht? Ich meine wirkliches Zuhören.

Und andersherum gefragt: Wann hat dir das letzte Mal jemand richtig zugehört? War dir zugewandt und auf dich fokussiert. Nicht begierig darauf Seins loszuwerden, sondern ganz bei dir.

Du kannst dich kaum erinnern? Tja, willkommen in der Wirklichkeit. Wir nehmen uns alle oft keine Zeit mehr zum Zuhören. Dabei hungern wir danach gehört zu werden. Wir haben ein großes Bedürfnis uns angenommen zu fühlen und dieses Gefühl entsteht am natürlichsten wenn einem jemand wirklich zuhört.

Photo by Gary Bendig on Unsplash

Flüchtiges Zuhören schadet uns und anderen

Die fehlende Aufmerksamkeit die wir anderen entgegenbringen führt zu immer oberflächlicheren Verbindungen. Welche Auswirkungen das hat, ist uns oft gar nicht bewusst. Verbindungen sind das Mittel zum Gesundbleiben. Nicht nur seelisch, sondern sogar körperlich.

Wieso verlernen wir zuzuhören? Was ist wichtiger als ein wahrhaftiges Gespräch zu führen? Auf diese Frage kann mir kaum jemand eine richtige Antwort geben. Es ist halt so. Alles ist so hektisch geworden. Es ist zu viel los. Das sind die Grundtöne die ich als Antwort bekomme.

Doch das scheint alles so zu sein, als ob wir gar nichts damit zu tun haben. Als ob alles ohne unser Zutun so hektisch wird, so viel los ist. Doch das ist ein Trugschluss. Wir tragen jeden Tag unseren Teil dazu bei, dass Gespräche oberflächlich bleiben, dass sie flüchtig verlaufen und nicht mehr in die Tiefe gehen.

Denn wie alles, ist auch Zuhören eine Entscheidung. Zuhören geht nicht nebenbei. Es geht nur fokussiert auf den anderen.

Wie sehr wir uns steuern lassen

Wenn ich Menschen beobachte, weil ich z.B. am Bahnhof stehe und Zeit habe, dann ist mein erster Gedanke: Wow, in 10 Jahren kommen Menschen auf die Welt, die einen geneigten Hals haben und keinen geraden mehr. Ich seh fast nur noch Menschen die in ihr Handy starren. Ausnahmen sind die ganz kleinen und die ganz alten. Alles andere hängt wie am Tropf an seinem Handy.

Gespräche finden nur sporadisch statt und auch nur kurz mit einem Auge gehoben, um dann gleich wieder in seinem süchtig machenden kleinen Gerät zu versinken.

Das ist tatsächlich etwas, das Gespräche zum Erliegen bringt. Doch das macht niemand von außen, das sind wir alles selbst.

Schau dich im Restaurant um, wenn du das nächste Mal beim Essen bist. Wie viele Menschen haben entweder das Handy in der Hand oder griffbereit gleich neben dem Teller liegen? Meine Güte, ist das zu fassen? Man hat ein Gegenüber und schafft es nicht einmal sich während eines guten Essens auf den anderen zu konzentrieren?

Um das hier nochmal klar zu stellen, ich bin total begeistert von den ganzen neuen Möglichkeiten die uns Smartphones mitbringen, doch deswegen gebe ich mein Leben nicht an diese Geräte ab. Sie sollen uns dienen und nicht zum Herrscher werden.

Wer daheim keine klaren Regeln einführt, wird am Tisch nur noch Teenager erleben, die – während sie das Essen in sich hinein schaufeln – am Tropf, äh Handy hängen. Nix mehr mit miteinander reden.

Und doch liegt es in unserer Hand

Doch die Technik ist nur eine Seite der Medaille. Wir können nicht alles darauf schieben. Im Prinzip können wir gar nichts darauf schieben, da wir es sind, die sich dafür entscheiden, das Ding in die Hand zu nehmen.

Was allerdings in unserem Hirn passiert ist noch weitaus massiver. Wir hetzen uns selbst mit unseren Gedanken. Sich mal in Ruhe hinzusetzen und sich über wichtige Themen zu unterhalten kommt schlicht weg nicht mehr vor in unserer Planung.

Doch wie soll ich mich verbunden fühlen, wenn ich keine Gespräche mehr führe, in denen mir jemand zuhört und in dem ich jemanden zuhöre? Zuhören bedeutet, den anderen anzuschauen, während er spricht, sich zu merken was er/sie sagt und dabei zu bleiben. Nachzufragen, wenn etwas unklar ist oder man einen weiterführenden Gedanken anstoßen will.

Was bedeutet Zuhören wirklich?

Zuhören bedeutet nicht, die eigene Meinung um jeden Preis loswerden zu wollen. Im Gegenteil, gute Zuhörer halten sich vollkommen zurück mit ihren eigenen Gedanken dazu und regen den Erzählenden immer wieder an, noch mehr Ausführungen zu machen, um auf noch weitere Gedanken zu kommen.

Wer das einmal erlebt hat, hat verstanden, warum Zuhören eine so wertvolle Gabe ist. Wer gut zuhören kann, kann seinem Gegenüber ermöglichen auf völlig neue Zusammenhänge zu stoßen. Gute Therapeuten sind darin wahre Künstler. Sie regen durch Fragen neue Gedanken an und eröffnen damit neue Wege die einen anderen Blickwinkel bringen.

Wer gut zuhören kann, kann meistens auch gut Fragen stellen. Gute Fragen sind überhaupt eine Geheimwaffe für sich. Z.B. wenn man in einem Gespräch mit jemand der mit einer Entscheidung ringt die Frage einwirft:

Was würde dein Ich in 10 Jahren dir für heute raten?

Damit macht man einen Zeitsprung in die Zukunft und das gibt den meisten Situationen einen vollkommen anderen Rahmen. Es sprengt die aktuellen Grenzen und lässt einen auf ganz andere Art und Weise Dinge betrachten.

Gute Zuhörer sind dran interessiert, dass der Erzählende für sich etwas erkennt oder etwas löst und sie sind nicht darauf fokussiert als der/die beste Ratgeber/in aufzutreten.

Ein Ratschlag ist auch ein Schlag, also frag vorher

Wer um Rat gefragt wird, kann sich dazu äußern. Doch wir sollten zuhören nicht mit belehren verwechseln. Oft haben wir den Reflex sofort einen Ratschlag aus dem Hut zu zaubern. Vielleicht sogar zu einem Zeitpunkt an dem der andere noch gar nicht so weit ist an Lösungen zu denken, weil er/sie immer noch damit beschäftigt ist, das Problem zu fassen zu kriegen.

Abstellen lassen sich diese Reflexe nicht so leicht, daher kommt hier mal wieder unsere Wahrnehmung ins Spiel. Haben wir schon früh im Gespräch diesen fast unbezähmbaren Drang jetzt aber mal unsere Meinung zu äußern? Können wir es kaum erwarten unsere Sicht der Dinge darzulegen?

Dann ist jetzt der geeignete Zeitpunkt das zu unterlassen. In vielen Gesprächen ist unsere Meinung gar nicht gefragt, sondern mein Gegenüber möchte einfach mal nur jemandem erzählen dürfen wie es ihm/ihr gerade geht.

Es ist keine blöde Idee in einem Gespräch sein Gegenüber zu fragen, was er sich von diesem Gespräch wünscht. Möchte er einfach nur angehört werden oder möchte er konkrete Tipps haben, wie sich mit einer speziellen Situation umgehen ließe?

Möchte er ehrliches Feedback oder einfach nur ein paar tröstende Worte? Das Klischee, dass Frauen und Männer unterschiedliche Bedürfnisse in Gesprächen haben, entbehrt nicht einer gewissen Grundlage. Doch ich würde fast eher sagen, dass es einfach von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein kann und genauso gut von Situation zu Situation.

Wenn ich mich mit einer Freundin treffe, dann ist es oft ein Wechselspiel, bei der die eine erzählt und die andere zuhört und umgekehrt. Doch manchmal ist es auch so, dass sich jemand wirklich einen Rat wünscht oder ehrliches Feedback.

Doch bevor ich dann loslege und meinen Senf dazu abgebe, frage ich meistens nochmal nach, was genau gewünscht ist. Denn ehrliches Feedback muss man auch einstecken können und manchmal ist dafür eine Situation noch zu frisch. Das heißt nicht, dass ich jemandem die Rübe runterreiße im Gespräch, sondern es heißt nur, dass es eine gute Idee ist, sich darauf einstellen zu können, etwas zu hören, was einem möglicherweise nicht so gefallen könnte.

Zuhören macht den Unterschied

Zuhören hat viele Ebenen. Ich muss mit meinem Gegenüber nicht einer Meinung sein und kann trotzdem in Ruhe zuhören. Allein dieser Akt, jemanden ausreden zu lassen, kann viel Ruhe in Gespräche bringen.

Zuhören ohne zu unterbrechen hat viel mit Respekt zu tun. Wir respektieren, dass der andere seine Gedanken ausführen kann und zeigen damit, dass wir ihn wertschätzen. Diese Wertschätzung ist etwas was sich im ganzen Verlauf widerspiegeln wird. Zu spüren, dass man ausreden darf, macht es oft leichter Dinge klar zu bekommen, sich nicht gehetzt zu fühlen, sondern Gedanken zu Ende denken zu können, bevor man sie ausspricht.

Das alles ist nicht schwer und doch für viele nicht leicht. Es bedarf Übung. Zuhören lässt sich lernen. Und allein an diesem Satz ist erkennbar, dass man tatsächlich lernen muss richtig zuzuhören.

Wer sich vornimmt, sich beim nächsten Gespräch auf den anderen zu konzentrieren und möglichst wenig zu sprechen und Fragen zu stellen, die das Gegenüber anregen noch tiefer in die Materie einzusteigen, kann vielleicht zum ersten Mal erleben, was für eine Freude das machen kann.

Der Sinn eines Gesprächs besteht darin, dass wir wachsen. In irgendeiner Form. Entweder weil wir uns wohl fühlen und gehört. Oder weil wir etwas gelernt haben. Gute Gespräche lassen uns gestärkt zurück und vielleicht sogar ein wenig müde. Wie meine Lieblingsleihtochter mal gesagt hat:

Reden ist wie Sport. Es macht müde.

Doch nochmal zurück zu unserem Training: Nimm dir bewusst vor, die nächsten Gespräche nicht als Sprungbrett für deine eigene Meinung zu nutzen, sondern dich ganz auf den anderen einzustellen. Du verlierst nichts, wenn du das machst. Im Gegenteil.

Ein guter Gesprächspartner sein bedeutet oft ein guter Zuhörer zu sein. Und ein guter Zuhörer hat das Ziel sein Gegenüber dazu zu befähigen, Neues über das herauszufinden, was ihn beschäftigt, neue Blickwinkel einnehmen zu können und dadurch selbst Lösungen zu finden.

Wir denken oft, dass unser Rat so begehrt ist, doch viel häufiger ist es gut, wenn wir dem anderen nicht den Weg leuchten, sondern ihm eine Taschenlampe in die Hand drücken, mit der erst selbst herum leuchten kann und damit seinen Weg finden.

Wer seinen Kindern beibringt zuzuhören, lehrt sie ein wertvolles Gut. Denn vor allem in unseren digitalen Zeiten und schwindender Fähigkeit an einer Sache mental dran zubleiben, ist das ein wichtiges Training. Wer zuhören kann, lässt sich nicht antreiben, sondern hat sich die Fähigkeit bewahrt in Ruhe bei einer Sache zu bleiben.

Damit kannst du sicher sein, dass du ein begehrter Mensch bist ;)

Nimmst du die Herausforderung an?

Wahre ZuhörerInnen sind selten geworden. Daher habe ich eine Challenge für dich:

Nimm dir die nächsten 14 Tage als Zeitraum,
um der/die beste ZuhörerIn zu sein, die du nur sein kannst.

Denk dabei an alles, was wir besprochen haben. Stell dein Handy auf lautlos, leg es beseite, wende dich jemandem wirklich zu, bleibe mit deinen Gedanken bei dem Gehörten und nicht bei dem was du gern sagen wollen würdest, stelle Fragen statt mit klugen Aussagen um dich zu werfen und mach dir zum Ziel, dass jeder Mensch aus einem Gespräch mit dir mit einem guten Gefühl hinaus geht.

Zieh das 14 Tage lang durch und du wirst sehen, was dieses Zuhören dir bringt. Es wird dich zufriedener machen, weniger getrieben und du wirst ganz andre Reaktionen zurückbekommen als sonst.

Reden ist Silber, Zuhören ist Gold.

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