Bäume Wald Gehen Gesundheit

Heute ist wieder Sonntag. Und das heißt, dass ich wandern gehe. Das klappt nicht immer, doch wenn es klappt, dann geht es mir immer so viel besser.

Als ich Kind war, war am Wochenende auch meistens ein Ausflug angesagt. Dadurch dass wir von Passau nicht weit in den bayerischen Wald hatten, ging es dann dorthin. Auf den Arber, den Lusen, den Rachel, zum Arbersee, zu was weiß ich noch alles.

Ich fand es furchtbar als Kind. Mich hat das extrem genervt, dass wir schon wieder gehen mussten. Ich bin immer extra schnell gegangen, damit ich ja bald wieder runter konnte.

In meinen Teenagerjahren habe ich mich dann schlichtweg geweigert und war froh, wenn ich endlich mal ausschlafen konnte.

Photo by Sebastian Unrau on Unsplash

Nicht gehen macht unglücklich

Doch schon in meinen 20ern hab ich gemerkt, dass ich ohne das Gehen kein glücklicher Mensch bin. So hab ich mir eigene Routen gesucht, die zwar nicht im bayerischen Wald waren, doch schöne Spazierwege an der Donau oder auch im Wald um die Ecke.

Mir ist das als Frage durch den Kopf gegangen, wieso ich das so gern machen möchte und einen Drang danach verspürte, endlich in den Wald zu kommen.

Es sollte viele Jahre dauern, bis ich für mich darauf eine Antwort fand. Doch heute kann ich sagen, dass Wandern und der Wald, mich seelisch beieinander halten.

Unter Bäumen zu gehen, den weichen Boden unter den Füßen zu spüren, den Wald zu riechen und die Geräusche zu hören, die es dort gibt. Von raschelndem Unterholz, über Vögel, die sich gegenseitig etwas zurufen, bis zum Wind der durch die Wipfel streicht.

Dein Körper speichert deine Gefühle

Wenn ich sehr grantig bin oder nicht an meine Tränen herankomme, dann gehe ich in den Wald. In dieser Umgebung, in meiner Bewegung, spüre ich, wie auch etwas in mir in Bewegung kommt und sich löst. Etwas kommt ins Fließen und damit auch die Tränen.

Emotionen sitzen oft im Körper. Das hab ich in der Zeit nach dem Tod meiner Mama gemerkt. Mein Herz hat völlig verrückt gespielt. In der Nacht bin ich von ihm geweckt worden, weil es mir bis zum Hals schlug, so fest, dass ich wie eine Pauke vibriert habe und der Rhythmus völlig aus dem Lot war.

In der schlimmsten Zeit hat mich das sogar mitten in der Nacht mit einem Notarztwagen ins Krankenhaus gebracht. Ich hab Todesängste ausgestanden und konnte mir nicht mehr allein helfen.

Doch an meinem Herz war nichts zu finden. Super gesund, keine Auffälligkeiten, alles gut, wieder heim schicken.

Im Diagnosefeld stand u.a. Trauerreaktion.

Emotionen in Bewegung bringen

In den folgenden Wochen habe ich viele schlimme Nächte hinter mich gebracht. Ich war fertig, müde und erschöpft. Doch geweint hab ich nicht viel. Obwohl ich doch meine liebe Mama verloren hatte. Das war selbst mir klar, dass da etwas nicht stimmt.

Mein Herz hat diese Trauer ausgedrückt. Es war völlig aus der Spur geraten, unberechenbar geworden und reagierte in heftigster Weise.

Bis ich wieder angefangen habe meine Waldgänge zu machen.

Schon auf den ersten Metern unter den Bäumen hab ich gemerkt, wie sich in meiner Brust ein Schluchzer löst, der eine Tränenflut mit sich brachte. Ich konnte kaum weitergehen und mein Körper krümmte sich vor innerlichem Schmerz.

Da war er endlich. Und auch wenn ich heulenderweise da stand, war ich gleichzeitig froh, dass es nun begann sich zu lösen. Ich ging weiter und es wurde ein tränenreicher Gang. Ich ließ sie einfach laufen meine Tränen. Hab gespürt, was zu spüren war und mich nicht dagegen gewehrt.

Das Wort Emotion geht auf das Wort “emovere” = herausbewegen zurück. Einer Ableitung zu movere = bewegen

Im englischen ist diese Verbindung noch enthalten durch den Wortstamm e-motion = Bewegung. Da ist es nicht verwunderlich, dass physische Bewegung so sehr mit Emotionen im Zusammenhang steht.

Jemand der eine depressive Phase hat, hat die Tendenz zur Nicht-Bewegung. Zum Erstarren. Nicht umsonst ist das Bewegungsangebot in psychischen Kliniken so wichtig. Bewegung bringt uns auch im Innersten in Bewegung.

Im Gehen können wir anders nachdenken. Auch unser Geist kommt in Bewegung. Lässt sich auf neue Perspektiven ein und ist nicht mehr so starr.

Wald macht gesund

Für mich kommt im Wald noch eine andere heilende Energie hinzu, die durch das japanische Waldbaden auch bei uns immer mehr Bekanntheit gewinnt. Bäume verbessern unsere Gesundheit. Sie geben Stoffe von sich, die unser Immunsystem stärken.

Doch das allein macht die Magie für mich nicht aus. Ich fühle mich oft getröstet, wenn ich im Wald unterwegs bin. Hier stehen Riesen, die seit hundert Jahren und mehr auf dieser Erde sind.

Sie bilden mit all den anderen Pflanzen im Wald ein symbiotisches Gefüge. Verständigen sich untereinander, können sich vor Feinden warnen und unterstützen sich gegenseitig.

Diese Waldgemeinschaft nimmt mich vorübergehend auf, wenn ich mich in ihr bewege. Wenn ich schnaufenderweise Hügel erklimme, immer wieder stehen bleibe, um zu Atem zu kommen. Die ganze Zeit hab ich das Gefühl, dass ich behütet bin. Es ist ein wenig seltsam darüber zu schreiben, doch ich kann es nicht anders erklären.

Wir vergessen so oft, dass wir Teil der Natur sind und nicht aus Stahlträgern und Beton bestehen. Wir sind Naturwesen, die das in Städten oft überhaupt nicht mehr spüren.

Den Lauf der Zeit wahrnehmen

Doch ein Wald ist wie eine eigene Welt. Er umfängt mich, wenn ich ihn betrete, lässt mich still werden und geht mit mir in Verbindung.

In jeder Jahreszeit ist es eine andere Empfindung die mitschwingt. Wir gehen nicht nur im Sommer, sondern auch im Herbst, Frühling und Winter zum Wandern. Der Wald verändert sich mit den Jahreszeiten.

Dadurch, dass ich das ganze Jahr in ihm unterwegs bin, hab ich eine viel stärkere Anbindung für mich an den Lauf der Zeit in der Natur. Ich spüre, wenn es Zeit wird, dass die Blätter sich färben werden. Wenn sich die Bäume in ihr Inneres zurückziehen und beginnen los zulassen.

Herbst bedeutet schönes Sterben.

Das, was wir als wunderschön erleben, wenn sich die Blätter in allen Rot- und Gelbschattierungen einfärben, ist der Beginn von ihrem Sterben. Die Bäume schicken keine Nahrung mehr in die letzten Spitzen der Äste und so verlieren die Blätter ihr Grün.

Das ist auch für mich ein Signal dafür, dass ich mich darauf einstelle, dass alles in Richtung Winterruhe gehen wird. Die Fülle des Sommers zu Ende geht und es ruhiger werden darf.

Es ist auch die Zeit um Erntedank zu feiern. Die Früchte des Jahres im wahren und übertragenen Sinne zu erkennen und sich zu eigen zu machen. Wenn der Frost langsam kommt, werden die Schritte gedämpft durch den beginnenden Schnee und man hinterlässt Spuren im Wald.

Klirrende Kälte lässt den Atem weiß werden vor dem Mund und wenn kein Nebel herrscht, ist die Sicht oft glasklar und weit. Die Geräusche ändern sich im Winter. Man hört kaum noch Vögel zwitschern, sondern es ist alles stiller.

Dieses Stillwerden tut auch mir gut. Der Wald erinnert mich immer wieder daran, dass auch wir durch Jahreszeiten gehen. Auch wir haben eine Zeit der tätigen Fülle und brauchen genauso eine Zeit des Erntens der Früchte und ein Ruhigerwerden, um wieder aufzutanken.

Die Magie des Waldes

Keine Stadt der Welt, keine technische Erfindung, kein von Menschen geschaffenes Ding kann den Wald für mich ersetzen. Das Gehen in ihm, mich in seiner Welt zu bewegen, erdet mich und bringt mich wieder zu meinem Kern zurück.

Ich mag auch nicht reden beim Wandern. Das ist für mich wie ein Störgeräusch, das mich davon abhält, mit den Bäumen in Verbindung zu treten. Deswegen sind mir Radfahrer in Horden und lautstarke Wandergruppen im Wald ein Gräuel.

Für mich wird der Wald immer eine mystische und spirituelle Umgebung sein, ein Ort den es zu ehren gilt und zu begreifen, dass wir nur Gast darin sind.

So lange ich gehen kann, werde ich in den Wald gehen. Werde mich in seinem Grün aalen und dankbar sein für diesen kurzen Moment in diesen Raum eintauchen zu dürfen.

All das, was wir zu erreichen suchen in unserem Leben, die Erfolge, den Rang, die Macht, all das verblasst hier. Es spielt keine Rolle. Wir können hier wieder erkennen, dass das Leben keineswegs dazu gedacht ist, an diesem höher, weiter, schneller Wettbewerb teilzunehmen.

Unsere Zeit ist geliehen

Das Leben ist ein Mysterium. Niemand konnte sich den Weg in diese Welt erschaffen. Wir sind ein Glücksfall, der im Bauch unserer Mutter herangewachsen ist.

Und wir werden wieder vergehen. Unser Körper wird zu Asche werden und in die Erde zurücksinken. Es wird Nichts von uns bleiben. Nach drei Generationen sind wir vergessen. Das ist der Lauf der Zeit.

Das ist es, was wir so oft nicht im Blick haben. Unser Leben ist nur geliehen, wir wissen nicht wie lange wir es behalten dürfen und jeder Tag an dem wir wieder aufwachen, ist uns geschenkt.

Du bist wertvoll

Verbinde dich wieder mehr mit deinem inneren Kern. Der fest gefügt ist und an dem du heil bist. Das Gehen im Wald hilft dir dabei.

Die Erhabenheit einer großen Eiche erinnert an unser Kleinsein. Das ist auch überhaupt nicht schlimm. Wir sind genauso in Ordnung wie wir sind. Wir müssen nicht größer sein, besser sein, schlauer sein oder erfolgreicher.

Dein Menschsein ist ausreichend für deinen Wert. Dich mit der Natur zu verbinden, dich regelmäßig im Wald aufzuhalten, Berge zu erklimmen und die Weite der Aussicht zu erleben, ist das, was dich mit deiner Natur verbindet.

Du bist in Ordnung genau wie du bist. Mach dich auf den Weg und gehe. Jeder Schritt, den du im Wald machst, bringt dich dir näher.

Führe ein erfolgreiches Leben ohne auszubrennen!

 

Hol dir jetzt das ebook „Burnout vorbeugen

Trage dich für meinen Newsletter ein und erhalte das ebook als Dankeschön.

 

Das hat geklappt! Schau in deine Mails und klicke den Bestätigungslink für die Anmeldung