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Lass uns heute mal ein Gedankenexperiment machen. Wie wäre es wenn du zu 100 % in deinem Leben Verantwortung übernimmst?
Und damit meine ich alles. Alles was dir in deinem Leben begegnet. Zu 100% deine Verantwortung.
Bevor du jetzt den Kopf schüttelnd die Flucht ergreifst, bleib bei mir. Denn wie schon geschrieben ist das ein Gedankenexperiment. Lass uns doch mal schauen, wo uns das hinführen kann.
Über das Land der Selbstverantwortung hab ich ja bereits geschrieben und jetzt legen wir noch ein Schippe drauf.
Wenn du zu 100 % für alles in deinem Leben verantwortlich bist, dann geht eines nicht mehr: Du kannst niemandem mehr die Schuld geben, von niemandem mehr erwarten, dass er dich aus dem Sumpf zieht, an niemanden mehr Verantwortung abschieben. Alles bleibt in deiner Hand.
Photo by Ryan Hafey on Unsplash
Was wäre wenn…
Und ja, ich weiß, dass das unrealistisch erscheint und ja ich weiß, dass wir ja soviel nicht in der Hand haben. Ja, ja, ja. Doch lass uns das einfach mal als Experiment durchspielen. Denn dieser Reflex hier erst mal abwehrend zu sein, ist das erste Signal, dass du genau dort hinschauen solltest.
Dieser Reflex ist häufig ein angelerntes Verhalten, das wir als Kind angenommen haben und das uns damals gut gedient haben mag. Doch als Erwachsener ist Verantwortung für das eigene Leben ein wichtiger Bestandteil von Reife. Und daher ist mir ganz wichtig, dass du heute einen ehrlichen Blick auf dich wirfst, während wir dieses Experiment durchziehen.
Wenn du zu 100 % für alles verantwortlich bist, dann bringt es nichts, wenn du über die Heizung schimpft, die morgens nicht richtig funktionieren mag, es nützt nichts auf deinen Partner grantig zu sein, weil er wieder mal die Teller auf die Spülmaschine stellt und nicht hinein, auch auf den Verkehr und die dämlichen Autofahrer zu schimpfen, bringt dir Null und dass dein Chef heute wieder schlechte Laune hat brauchst du auch nicht mit belästern.
Wenn alles zu 100 % in deiner Verantwortung liegt, dann bist immer und allein du gefragt. Wie kannst du auf das reagieren, was dir gerade begegnet? Was kannst du tun? Wie kannst du diese Situation lösen?
Im Falle der Heizung schauen, ob du selbst was machen kannst oder jemanden anrufen solltest. Im Falle der Teller auf der Spülmaschine liegt es ebenfalls bei dir zu überlegen, wie du damit umgehen möchtest.
Alle anderen Autofahrer werden machen was sie machen, ob du dich aufregst oder nicht, doch du kannst vorausschauend fahren, dich achtsam verhalten und dir jegliches Geschimpfe sparen. Das Verhalten anderer wie den grantigen Chef brauchst du nicht kommentieren, noch in deinem Kopf wälzen, wenn du zu 100 % Verantwortung für alles übernimmst. Du kannst sogar überlegen, ob du ihm etwas Gutes tun möchtest oder einfach gelassen deine Arbeit machen.
Verantwortung übernehmen heißt weg vom Drama
Zu 100 % die Verantwortung für alles übernehmen heißt schlussendlich, dass ich lernen kann meinen Geist sehr viel ruhiger und entspannter zu halten, denn sehr viel vom Drama das wir empfinden ist hausgemacht.
Sprich wir steigern uns in irgendwas hinein und darin sind häufig in unserer Vorstellung andere Menschen verwickelt. Die uns entweder quer kommen oder die uns mit Verhalten schaden oder einfach nicht das tun was sie sollten. Oder oder oder.
Wir wälzen viele Gedanken in unserem Kopf, die wir gestern auch schon gedacht haben. Die wir vor einer Stunde schon genauso gedacht haben und vielleicht schon seit Jahren über ähnliche Situationen und gleiche Menschen denken.
Damit sind wir Gefangene unserer eigenen Denkmaschine, die wir selbst füttern. Es werden gewohnte Gefühlscocktails ausgeschüttet und wenn wir z.B. gemeinsam über andere lästern, dann gibt uns das ein scheinbares Gefühl von Einigung und Verbindung.
Doch wenn du 100 % Verantwortung übernimmst, dann musst du auch dafür Verantwortung übernehmen, dass du über andere herziehst und nicht besonders nette Dinge sagst oder denkst.
Verantwortung übernehmen für die eigenen Bedürfnisse
Klar kann man das wollen, man kann sich das “Recht rausnehmen” jetzt aber mal grantig zu sein. Kann man alles machen. Und es geht auch nicht darum Gefühle zu unterdrücken. Doch es geht darum, was wir aus Situationen machen.
Denn das ist unsere Verantwortung. Einfach ungebremst alles raus hauen was man sich denkt, nur damit man sich nicht mehr zurücknehmen muss, weißt auf ein ganz anderes Problem hin.
Wer Emotionen in sich anstaut und dann natürlicherweise daran fast platzt, hat die Verantwortung, viel früher bei sich einen Check zu machen, wie es einem geht und was jetzt für Bedürfnisse wichtig sind zu erfüllen.
Zu 100 % Verantwortung übernehmen, heißt sich darum zu kümmern, dass man sich gut im Blick hat. Viele Ausbrüche, ob grantiger oder trauriger oder theatralischer Art kommen daher, weil wir nicht früh genug ausdrücken, was wir brauchen bzw. uns nicht um uns selbst gut genug kümmern.
Dahinter liegt häufig ein ebenfalls in der Kindheit anerzogenes Verhalten, dass andere für unser Wohlbefinden verantwortlich sind.
Die anderen müssen doch sehen, wie schlecht es mir geht und Rücksicht nehmen. Mein Partner muss mich doch kennen und wissen, dass ich das und das brauche. Wieso muss ich immer alles aussprechen, das ist doch klar, dass ich mich so und so fühle. Jemand anderer sollte dafür sorgen, dass ich gut aufgehoben bin in meinem Leben.
Nein, das liegt ganz und gar allein bei dir. Du bist verantwortlich für dich. Niemand sonst. Wenn du deinen Kinderschuhen entwachsen bist, ausgezogen bist von daheim, dein eigenes Geld verdienst, spätestens dann bist du ganz allein für dich verantwortlich. Es ist deine Sache, dich um dich zu kümmern.
Wo übernimmst du keine Verantwortung in deinem Leben?
Wirf mal einen ehrlichen Blick auf dein Leben und schau wo du im Geheimen erwartest, dass man dir etwas abnimmt oder hilft. Wie ist das daheim? Erwartest du, dass sich der ganze Haushalt irgendwie von Zauberhand von allein machen wird? Dass sich die Wäsche selbst wäscht und zusammenlegt, das Bad sich von alleine putzt und das Essen einfach so auf dem Tisch steht?
Oder wie ist das mit den finanziellen Themen? Hast du einen Überblick über deine Gelder? Weißt, wie es mit deiner Altersvorsorge aussieht und mit den monatlichen Ausgaben? Bist du abgesichert, wenn dein Partner mal nicht mehr da sein sollte, aus welchen Gründen auch immer? Machst du dir ein Budget und hältst dich daran?
In vielen Familien gibt es nur ein Bankkonto und einer der beiden verwaltet die Finanzen. Mitunter zu einem Grad, dass der andere Teil alle Verantwortung abgibt und sich überhaupt nicht darum kümmert. Oft sogar mit Erleichterung.
Doch wer das macht, braucht sich nicht wundern, dass es im Falle eines Crash dann meistens so ist, dass der Partner der sich nicht ums Geld gekümmert hat auch das Nachsehen hat.
Vor allem Frauen muss ich hier explizit auffordern, sich wirklich um ihre eigenen Finanzen zu kümmern und das nicht auf einen “Backup-Mann” zu schieben. Jede zweite Ehe wird geschieden in Deutschland und ein Umkehrtrend ist da nicht in Sicht.
Verantwortung übernehmen, auch wenn es schwierig ist
100 % Verantwortung übernehmen, bedeutet sich auch um Themen zu kümmern, die einem nicht liegen, anstrengend erscheinen, unangenehm sind, einem schwer fallen.
Wie ist es mit deinen Eltern? Werden sie langsam älter und es müssen Entscheidungen getroffen werden? Bist du vorbereitet was Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht angeht? Auch für dich und deine Familie?
Ja ich weiß, dass das heute schwere Keulen sind, mit denen ich hier herumfuchtle. Doch ich will dich dazu anregen, dein Leben wirklich in die Hand zu nehmen und nicht nur geschehen zu lassen.
Dich wirklich verantwortlich zu fühlen in deinem Leben wird dir das Gefühl geben, dass du sehr viel mehr bewegen kannst als du denkst, du wirst unabhängiger und selbständiger werden.
Es bewirkt, dass du genau hinschaust und ehrlich bist zu dir, wo du leicht etwas weg geschoben bzw. auf andere geschoben hast.
Sich beherrschen zu lernen ist ebenfalls ein Teil dieser Verantwortung. Wir sollen keine Bürde sein für andere, sagt schon der große Alfred Adler und das sind wir dann nicht, wenn wir als reife Menschen unser Leben in die Hand nehmen.
Mach dich nicht zum Opfer
Geh aus jeglicher Opferhaltung heraus. Daran kann ich ja eh nix ändern. Die Welt ist halt so wie sie ist. Mein Kollege wird immer ein grantiger Typ sein.
Das mag alles stimmen. Doch wenn du dich zum armen Opfer stilisierst, setzt du dich auf ein hohes moralisches Ross. Denn wenn es ein Opfer gibt, dann gibt es auch einen Täter. Und das Opfer kann immer auf den Täter zeigen und ihm die Schuld geben. Der einfachste Weg sich aus der Verantwortung zu stehlen ist schon immer gewesen auf jemanden anderen zu zeigen.
Das mag einfach sein, doch es führt auch dazu, dass man sich abhängig macht. Denn ein Opfer kann dann auch nichts an seiner Situation ändern, sondern muss sie aushalten. Blöde Sache. Denn dadurch ändert sich nichts.
Solche Spiele sind oft eingeübt und man erlebt sie viel in Partnerschaften. Solange jeder mitspielt mit seiner Rolle, wird sich nichts ändern. Es muss erst jemand damit aufhören und die Verantwortung wieder selbst in die Hand nehmen, damit sich etwas bewegen kann.
Sich als Opfer zu sehen ist häufig der bequemste Weg und das macht ihn so verlockend. Denn passiv bleiben ist weniger anstrengend als aktiv werden.
Vor allem wenn das aktiv werden mit Situationen verbunden ist, die einem vielleicht fremd sind, ungewohnt sind und man keine Ahnung hat wie das funktioniert. Doch das ist das Wachstum, das wir brauchen. Nur wenn wenn wir lernen uns aus dieser Opferhaltung zu befreien und den Mut aufbringen aktiv zu werden, können wir auch das süße Gefühl der Selbstwirksamkeit erfahren.
Jemand, der die meiste Zeit anderen die Verantwortung gibt, bleibt ein unreifer Erwachsener. Glücklich macht das nicht. Im Gegenteil.
Übernimm Verantwortung für dein Leben
Daher nochmal der dringende Appell an dich: Übernimm zu 100 % Verantwortung in deinem Leben. Sei ehrlich zu dir und mach eine Bestandsaufnahme. Beobachte dich in deinem Verhalten, wo du dich zum Opfer machst, wo du dich drückst vor der Verantwortung, wo du dich über andere aufregst. All das solltest du ändern.
Ein souveräner Mensch ist ein Mensch, der sich gut kennt und im Griff hat. Der weiß, dass es an ihm allein liegt, ob er glücklich ist, der Abhängigkeiten erkennt und in einem gesunden Maß hält. Hör auf darauf zu warten, dass es jemand anderer für dich machen wird, mach es selbst.
Geh mit diesem Gedankenexperiment durch eine Woche hindurch. Übernimm zu 100 % Verantwortung für dein Leben und schau was sich dadurch in deinem Leben ändert.
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