Enterprise2.0 ist eines dieser Schlagwörter, die sich so wunderbar anhören und keiner zugibt, dass er keine Ahnung hat, was das eigentlich heißen soll. Dem wird jetzt Abhilfe geschaffen mit dem Buch Die Kunst loszulassen.
Darin sind Fachbeiträge von bekannten Autoren und Unternehmen versammelt, die jeweils andere Facetten des Web2.0 im Wirtschaftsleben beleuchten. Die Liste reicht von Don Tapscott, Willms Buhse, David Weinberger u.a. Was mich an dem Buch besonders begeistert hat, sind die Fallstudien in denen der Weg ins Web2.0 über all seine Hürden und Chancen beschrieben wird.
Im Kapitel Enterprise2.0 Learning by Doing von Sören Stamer (Core Media) lässt sich gut nachverfolgen, wie es denn nun funktionieren kann. Ein Zitat daraus, das den Ausgangsgedanken gut illustriert:
Der größte Hemmschuh auf dem Weg zu besseren und überlebensfähigeren Unternehmen ist unser weit verbreiteter und tiefsitzender Glaube an hierarchische Strukturen, ausgefeilte Prozesse und weitsichtige Entscheider sowie unsere fehlende Vorstellungskraft, dass ein Erfolg auch mit alternativen, nicht für denkbar gehaltenen Organisationsmodellen möglich ist.
Es geht im Kern immer um Selbstorganisation in Unternehmen. Je höher dieser Grad entwickelt ist, um so schneller und aktiver lässt sich auf Eventualitäten und Änderungen reagieren, Innovationen anstoßen und umsetzen.
Ein Umdenken ist dazu erforderlich. Vor allem bei der Führungsebene. Denn Web2.0 lebt vom eingebunden sein, selbst organisieren, einbringen, entwickeln. Was ich dazu sehr beeindruckend fand war das selbstkritische Statement von Sören Stamer zu diesem Thema:
Recht schnell erkannte ich, dass ich selbst der Schlüssel dazu bin. Wenn ich mein Unternehmen weiterentwickeln will, muss ich mich zunächst selbst weiterentwickeln. Ich musste an meiner Persönlichkeit arbeiten.
Daran lässt sich schon wunderbar ablesen, dass es bei Enterprise2.0 nicht um tolle Tools geht, die sich einführen lassen, sondern es tatsächlich eine Entwicklung der Menschen im Unternehmen ist. Dass es dabei nicht so reibungslos zugeht, ist wohl leicht vorstellbar. Auch bei CoreMedia war nicht alles Gold was glänzt. Es ist harte Arbeit, das Abteilungsdenken aufzubrechen, wirkliche Teamarbeit begreifbar und erlebbar machen. Manche Menschen stoßen dabei an ihre Grenzen und haben ihre Schwierigkeiten damit mit den Hierarchien auch (vermeintliche) Machtverhältnisse zu Gunsten des großen Ganzen aufzugeben.
Auf der Kundenseite bietet das “neue Web” eine unendliche Vielfalt die eigenen Wünsche ins Produkt einzubringen, zu gestalten, mitzubestimmen. Das sich dadurch für das Unternehmen ganze Designabteilungen quasi auslagern lassen, berichtet uns das Kapitel Interaktive Wertschöpfung. Threadless macht in T-Shirts, salopp ausgedrückt. Es werden jedoch nur die T-Shirts wirklich hergestellt, die von den Kunden am höchsten bewertet werden und sehr häufig machen Designs von Kunden selbst das Rennen. Letztlich ist Threadless eine gigantische Kommunikationsplattform auf der die Kunden großen Anteil am aktuellen Verlauf haben. Geprägt von Vertrauen auf beiden Seiten. Faszinierende Unternehmensstory.
Don Tapscott nimmt uns im Kapitel Mit Enterprise 2.0 gewinnen mit auf eine Reise zum Thema Kollaboration. Diese neue Zusammenarbeit betrifft nicht nur Mitarbeiter untereinander und mit Kunden, sondern auch die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen. Und er spricht das neue Paradigma der Offenheit an. Das ist oft eine schwere Kost für Unternehmenslenker, da sie ihre Felle davon schwimmen sehen, Angst haben die Kontrolle aus der Hand zu geben und sich nicht in die neue Denke einfinden (wollen). Das alles bedingt ein Überdenken der Unternehmensstrategie. Am besten mit Mitarbeitern und Kunden zusammen.
Eine überaus interessante Fallstudie liefert Craig Cmehil im Kapitel SAP: Der Aufbau von Communities im Unternehmen. Er beschreibt unter der Überschrift ein Praxisratgeber für einen Community-Evangelisten seinen Weg funktionierende Communities aufzubauen und zu nützlichen Werkzeugen zu entwickeln. Sehr kurzweilig und lehrreich.
Das war eine Auswahl der verschiedenen Fachbeiträge die Sie in diesem Buch erwarten. Von mir bekommt es 5 Sterne, da es die Thematik durch fundierte Texte von vielen Seiten beleuchtet und die Abwechslung zwischen Case Studies und fachlichen Abhandlungen bietet. Der Titel die Kunst loszulassen weißt schon darauf hin, dass neue Zeiten neues Denken erfordert. Doch wie spannend und abwechslungsreich es dann werden kann, zeigen uns die Artikel im Buch. Dass ich die Gelegenheit hatte, das Buch bereits vor dem Erscheinen zu lesen, hat mich ganz besonders gefreut und jetzt wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen!
#refresh: Rezension: Die Kunst, loszulassen – Enterprise 2.0 http://t.co/BhM4MT8k1D
#lesen