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Heute hab ich eine steile These für dich, hinter der ich vollkommen stehe:
Perfektionismus zeigt deine Angst vor Bewertung
Lass uns das nochmal ganz langsam sagen: Perfektionismus zeigt deine Angst vor Bewertung.
Auf diesen Gedanken bin ich schon vor einiger Zeit gestoßen und es ist als ob mir das beim Zuschauen von mir und genauso wie bei meinen Kunden aufgefallen ist.
Was ist Perfektionismus?
Der Anspruch, dass etwas vollkommen sein muss und wenn es das nicht ist, dann ist es Nichts. Es ist ein völliges schwarz-weiß Denken, in dem es kein gut genug gibt, keine 80 % reichen und schon gar kein “das passt schon so”
Die Berufe die wir jetzt von dieser These ausschließen, sind z.B. Piloten oder Chirurgen, bei denen auch die kleinsten Fehler schon riesenhafte Auswirkungen haben können. Daher gibt es in diesen Bereichen auch so viele verschiedene Sicherungssyteme und verschiedene Menschen, die darauf achten, dass möglichst alles perfekt läuft.
Auf was wir heute einen Blick werfen wollen, sind wir ganz ordinär tätigen Menschen. Die keine Jobs haben, bei denen Menschenleben auf dem Spiel stehen, sondern völlig normale Leute sind. Eben wie du und ich.
Wieso mir das so wichtig ist, dass wir uns über diesen Perfektionismus unterhalten, liegt darin, weil es eine der größten Bremsen in deinem Leben sein kann und dir das oft noch nicht mal bewusst ist.
Wer ständig versucht, etwas perfekt zu machen, wird nie fertig, geht nie damit raus, kommt nicht vorwärts.
Der Anspruch etwas wirklich gut hinzukriegen ist eine wunderbare Sache und anstreben sollten wir das immer. Doch wenn es sich dann beginnt im Kreis zu drehen, weil es einfach “noch nicht perfekt genug” ist, dann sollten wir darauf einen Blick werfen.
Für wen wollen wir denn, dass es perfekt ist? Viele sagen zwar, “ja, das ist MIR wichtig” doch wenn man genauer hinschaut, spielt fast immer eine andere Perspektive eine große Rolle. Und zwar die Beurteilung anderer Menschen.
Was denken die anderen?
Wie könnten diese auf mein Werk reagieren? Was denken sie darüber? Und dabei ist es egal, ob es sich um einen Bericht handelt, ein Kunstwerk, eine Geschäftsidee oder anderes. Sobald der Blick eines anderen darauf fällt, liegt es nicht mehr in unserer Einflussnahme, was dann geschieht. Und das fürchten wir.
Das fürchten wir oft wie der Teufel das Weihwasser. Aus diesem Grund schieben und schieben wir die Vollendung von Dingen und Projekten auf, weil wir hoffen, damit der Beurteilung noch entkommen zu können. Aber um welchen Preis? Den Preis zahlen nur wir, niemand sonst.
Unser Produkt wird nicht fertig und geht nicht raus. Wir bekommen den Projektbericht nicht zeitnah fertig. Alles was wir nicht abschließen, weil es immer noch nicht perfekt genug ist in unseren Augen, fällt uns auf die Füße.
Sich dem zu entziehen ist gar nicht so leicht. Denn als erstes müssen wir zunächst erkennen, was wir da eigentlich tun. Dass es unsere Angst vor Bewertungen ist, die uns dazu anhält nichts vorwärts zu bringen.
Sich gut anhörende Ausreden haben wir genug. Dass es noch nicht fertig ist, dass da noch was fehlt, dass man das so noch nicht raus geben kann, dass es einfach noch nicht gut genug ist.
Ob das tatsächlich so ist, sei mal dahin gestellt. Aus Erfahrung mit vielen Kunden kann ich sagen, dass die Sachen schon viel fertiger sind, als man meint. Dass es einfach Zeit ist, damit raus zu gehen.
Die Tendenz, dass man anfängt und hier nochmal und da nochmal was zu ändern, sollte einem ein Signal sein aufzupassen, was man da gerade macht. Ist das tatsächlich etwas ganz Wesentlichen, dass wir da gerade noch hinzufügen oder ist es Makulatur? Sollte es das Zweitere sein, ist es wichtig, einen Schritt zurückzutreten und sich das einzugestehen.
Denn wenn wir uns eingestehen, dass der Entwurf fertig ist, dass der Kurs jetzt gut ist, wie er ist, dass das, was wir da erschaffen haben, für jetzt vollendet ist, dann heißt es sich dem nächsten Schritt stellen.
Andere denken, was sie eben denken
Wir müssen uns darüber klar werden, dass wir niemals auf Applaus bei Jedem stoßen werden. Es wird immer Menschen geben, die finden etwas, was sie anmeckern können. Das ist wie ein Reflex bei manchen Leuten. Und es wäre egal, wenn du es gelb statt rot gestrichen hättest oder eine andere Farbe, es würde nie genau das sein was sie sich vorstellen.
Dann gibt es noch Menschen, die sich Dinge anschauen und tatsächlich finden, dass hier noch etwas Wichtiges zu fehlen scheint. Dann liegt es wiederum an dir, ehrlich hin zuschauen und einzuschätzen ob da was dran ist.
Falls ja, wunderbar, dann hast du gleich Verbesserungspotential aufgetan.
Was deine Aufgabe ist? Die beiden zu unterscheiden.
Denjenigen der überall etwas Negatives findet und derjenige der einen konkreten Punkt hat und einen sinnvollen Vorschlag macht. Das musst du wiederum beurteilen und einschätzen. Die Gefahr liegt darin, dass man beide in einen Topf wirft und generell erstmal angenervt oder verletzt ist und das eigentlich gar nicht hören will.
Denn Zurückweisung ist immer schmerzhaft. Gegen diesen ersten Impuls kann man sich kaum wehren. Doch es liegt an dir, was du weiter damit machst.
Wenn du dich davon frei machst, dass dich Äußerungen anderer in ein emotionales Tal schubsen können, denn hast du die Chance, die wahren Feedback-Perlen zu sammeln und etwas damit zu machen.
Lerne mit Reaktionen umzugehen
Die Reaktion anderer Leute kannst du zwar verhindern, wenn du mit gar nichts raus gehst (weil es ja noch nicht perfekt ist) doch du kannst nicht lernen damit umzugehen, wenn du dich ihr nicht aussetzt.
Ja, das mag schmerzhaft und unangenehm sein. Doch auch das wird sich ändern. Je mehr du in dir ruhst und dir von dort deine Kraft holst, umso mehr kannst du neutraler aufnehmen, was du von anderen als Feedback bekommst.
Diese Übung wirst du nur bekommen, wenn du dich der Situation immer wieder aussetzt. Wer das macht, wird feststellen, dass das Bedürfnis etwas zu perfektionieren, nachlässt. Es lässt in dem Maße nach, wie wir unsere Ängste vor den Meinungen anderer in den Griff bekommen.
Das ist die gute Nachricht, wie ich finde. Der anstrengende Teil ist das Durchgehen durch die Emotionen. Das bleibt einem nicht erspart. Doch wenn du das machst, dann wirst du feststellen, dass dein ganzes Leben sich leichter anfühlen wird. Wenn du nicht mehr wie das Kaninchen vor der Schlange sitzt und darauf wartest, was als nächstes kommt.
Vergleiche dich mit dir selbst
Ja, Feedback ist wichtig, doch aus meiner Sicht bist DU der Maßstab für deine Arbeit. Vergleichen mit anderen ist immer die schlechteste Wahl. Du kannst nur an dir wachsen. Und das solltest du auch tun. Wir sollten alle danach streben gute Arbeit abzuliefern, uns zu verbessern, dazuzulernen. Es macht nur keinen Sinn sich dabei nur nach außen zu richten.
Bekomme ein Gefühl dafür, wann etwas gut ist, wann es reicht, wann es für dich passt. Das ist dein Maßstab. Und das ist in Ordnung so. Es sind deine Projekte, deine Dienstleistungen, deine Produkte und dabei darfst nur du dein Maßstab sein.
Wir wissen im Inneren fast immer, wann wir geschlampt haben und uns keine große Mühe gegeben haben. Wenn dann negative Kritik von außen kommt, müssen wir damit leben und können es einstufen.
Etwas zu vollenden ist der wichtigste Schritt
Wer sich dem Ganzen stufenweise nähern möchte, der kann sich einen Menschen suchen der für ihn das Feedback macht. Am besten jemand den man gut kennt und den man bitten kann, im ersten Schwung immer mal zu gratulieren, dass überhaupt etwas fertig geworden ist.
Denn das ist das erste. Wer sehr stark an Perfektionismus “leidet” der bringt auch nur selten etwas fertig. Doch wenn es dann mal so weit ist, dann sollte das auch gebührend wahrgenommen werden. Egal wie das Produkt geworden ist, es ist jetzt in der Welt. Genau das ist der erste und wichtigste Schritt.
Wer anfangen will, sich seinen Ängsten zu stellen, was denn die anderen sagen könnten, könnte den Freund bitten eine Sache zu formulieren, die ihm/ihr auffällt und die anders sein könnte. Aus welchen Gründen auch immer.
Es geht darum etwas zu hören, das nicht nur positiv ist, von einem Menschen, mit dem man eine gute Verbindung hat. Und dann heißt es hinein spüren. Was macht das mit mir? Was wird da angetriggert? Wie fange ich an im Inneren mit mir zu sprechen?
Was passiert in deinem Inneren?
Sei ein Beobachter und nimm wahr was passiert. Sehr häufig stellen Menschen fest, dass sie in einen äußerst kritischen innerlichen Dialog gehen, in dem sich selbst kritisieren und runter machen. Was völlig sinnfrei ist und überhaupt nichts bringt. Doch dieses Verhalten ist bei manchen Menschen wie ein Reflex. Es passiert einfach, weil es in den meisten Fällen eine Prägung aus der Kindheit ist. Das Bemerken dessen ist – wie immer – der erste Schritt.
Und dann heißt es gegensteuern. Denn negativer Selftalk hat noch nie was Gutes gebracht. Was sollte es auch bringen, wenn man anfängt sich selbst zu beschimpfen, wie den letzten Trottel hinzustellen und runter zumachen?
Eigentlich komisch, dass das überhaupt in uns passieren kann. Wenn du merkst, dass du in so eine Schleife gerätst, dann solltest du das unbedingt stoppen. Und zwar massiv stoppen, denn so ein negativer Gedankenzug kommt schnell mal in Fahrt und lässt sich dann immer schwerer aufhalten.
Sei dir Freund und kein Feind. Das ist eine ganz wichtige Regel.
Du bist nicht dein Werk
Mit etwas sichtbar werden, heißt, sich zu zeigen. Das ist der Punkt, der uns da oft so schwer fällt. Wir fühlen uns eins mit dem was wir geschaffen haben. Wir sind das, was wir geschaffen haben. Das stimmt in gewisser Hinsicht, weil es aus uns heraus entstanden ist, doch sobald wir es nach draußen lassen, müssen wir uns auch ein Stück davon distanzieren.
Dann ist es für uns möglich, das was von außen als Reaktion kommt, richtig einzustufen. Dann können wir neutraler betrachten, was davon ein berechtigter Punkt ist, den wir berücksichtigen wollen und was nicht.
Solang wir uns so sehr damit eins fühlen, fühlt sich Kritik immer als ein persönlicher Angriff an. Doch wenn wir es schaffen, eine gewisse Distanz zwischen unser Werk und uns selbst zu bekommen, sind auch wir freier. Stell es dir vor, wie ein Vogeljunges das du aufziehst und dann in die Freiheit entlässt.
Und ja ich weiß sehr gut, wie schwierig das sein kann, sich diese Distanz zu holen. Doch ich weiß auch, wie unglaublich wohltuend es ist, wenn man das schafft. Wir verändern uns über die Jahre, auch unsere Art zu arbeiten kann sich verändern. Wir haben andere Gedanken im Kopf, haben Erfahrungen gemacht und daraus Lehren gezogen, all das ist in allem enthalten was wir schaffen.
Die Texte, die ich vor 10 Jahren geschrieben habe, sind anders als die, die ich heute schreibe. Die Texte, die ich vor 20 Jahren geschrieben habe, sind nochmal völlig anders gewesen. D.h. nicht, dass die Texte unbedingt alle schlechter waren, sie waren mit weniger Erfahrung geschrieben, doch mit genauso viel Herzblut.
Daher ist es so wichtig, dass du das alles immer im Blick behältst. Du veränderst dich, deine Werke verändern sich und wachsen wirst du dann, wenn du das, was du schaffst, in die Freiheit entlässt. Wenn du zulässt, dass andere etwas dazu sagen, eine Meinung dazu haben, es gibt dir die Chance zu lernen und zu reifen.
Schaff dich frei
Wer sich selbst lernt vom Perfektionismus zu heilen, wird oft feststellen, dass es einen Schaffens- und Ideenschub gibt. Denn ist die innere Bremse gelöst, gibt es keinen Grund mehr etwas zurückzuhalten, dann darf endlich die ganze Kreativität ins Fließen kommen.
Mag es auch hin und wieder Rückschläge geben, weil man sich einen Kommentar zu sehr zu Herzen nimmt. Wenn du immer wieder in die Selbstfürsorge gehst, jeden negativen Selftalk im Keim erstickst, und lernst Distanz einzunehmen, auch zu deinen Gefühlen, dann kannst du das alles loslassen.
Wir werden vergehen und damit auch alles was wir geschaffen haben. Unsere Zeit auf Erden ist so kurz, wieso hältst du dich durch Perfektionismus und die Angst vor dem Urteil anderer davon ab dein Potenzial voll und ganz zu leben?
Lass das nicht zu. Lerne damit umzugehen, gib deinen Schöpfungen die Freiheit, zeige dich mit dem was du schaffst und tritt den Perfektionismus in die Tonne.
Bonuspounkte gibt es diesmal dafür, wenn du jetzt gleich etwas fertig stellst und “freilässt” in die Welt. Schreib mir davon und lass mich teilhaben!
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